Gertrud Feiertag, Illustration: Noa Snir
Illustration: Noa Snir

Gertrud
Feiertag

Reformpädagogin und Gründerin eines Kinderheims, 1890 – 1943

FrauenOrt in Schwielowsee

Ein besseres Leben für Kinder. Ihre Vision von einem reformpädagogischen Landschulheim verwirklichte Gertrud Feiertag 1931. Bald wurde daraus ein Zufluchtsort für jüdische Kinder, nötiger denn je, auch wenn die Tage der Einrichtung gezählt waren.

Gertrud Feiertag

Gertrud Feiertag wurde 1890 als ältestes von vier Geschwistern in Berlin geboren. Sie wuchs in einem liberalen, gutbürgerlichen jüdischen Elternhaus auf und wollte Lehrerin werden. Doch als sie 17 Jahre alt war, starb ihre Mutter. Gertrud musste die Haushaltsführung übernehmen, sich um die jüngeren Geschwister kümmern und den Vater bei der Büroarbeit unterstützen.

Aus der Lehrerinnenausbildung wurde nichts, doch der Wunsch, mit Kindern zu arbeiten, blieb. Einige Jahre später machte sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin im reformpädagogischen Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin. Später leitete sie ein jüdisches Kinder-Erholungsheim auf Norderney.

Caputh

Mithilfe einer Erbschaft und der finanziellen Unterstützung ihres Bruders verwirklichte sie in Caputh am Schwielowsee ihre Vision einer ganzheitlichen Erziehung. 1931 eröffnete sie hier das Kinderlandheim Caputh, für kranke Kinder und für solche aus schwierigen Familienverhältnissen.

„Die Erkenntnis, dass man, wenn man wirklich helfen will, mit der Erziehung zunächst bei sich selbst zu beginnen hat, macht bescheiden, nachsehend, innerlich verantwortlich.“

Gertrud Feiertag (1)

Ein jüdischer Zufluchtsort im Nationalsozialismus

Nach 1933 verlagerte sich der Fokus des Hauses. Das Kinderlandheim wurde zum „Jüdischen Kinder- und Landschulheim Caputh“, bis zu 100 Kinder und Jugendliche fanden hier zeitweise Platz. Während sie außerhalb ausgegrenzt und angefeindet wurden, während die Eltern vielleicht in Panik, vielleicht verzweifelt, vielleicht inhaftiert waren, bot Caputh bis 1938 einen Zufluchtsort.

Jüdischer Glaube und jüdische Kultur wurden hier selbstverständlich praktiziert und konnten als etwas Positives erlebt werden, anstatt Scham und Verfolgung auszulösen. Durch das Erlernen von Fremdsprachen wurden die Kinder und Jugendlichen auch auf eine Auswanderung vorbereitet.

Während der Novemberpogrome 1938 überfielen Caputher*innen das Haus, zerstörten die Einrichtung und vertrieben Kinder und Erwachsene.

Engagiert bis zuletzt

Nach der Zerstörung des Landschulheims lebte Gertrud Feiertag in Berlin. Sie arbeitete bei jüdischen Hilfsvereinen, unterstützte die Organisation der Kindertransporte nach England und begleitete mehrere dieser Fahrten. Sie selbst kehrte stets nach Deutschland zurück, es gab noch Arbeit zu tun.

Am 17. Mai 1943 wurde Gertrud Feiertag ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert.

Bild von dem Landschulheim (2)

FrauenOrt Gertrud Feiertag in Schwielowsee

Jugendhilfezentrum „Gertrud Feiertag“, Potsdamer Straße 1, Zugang über Straße „Am Waldrand“ 14548 Schwielowsee OT Caputh, Wirkungsstätte von Gertrud Feiertag

52.35144°N, 13.01286°E / Google Maps / OpenStreetMap

Download

Laudatio zur Enthüllung der FrauenOrte-Tafel für Gertrud Feiertag am
26.04.2013 in Caputh von Nina Hanisch, Pädagogische Leitung des Mutter-
Kind-Hauses Caputh (PDF)

FrauenOrte Tafel von Gertrud Feiertag (PDF)


Fußnoten & Quellenangaben

  1. Unser Kinderheim in Norderney. Bericht von Gertrud Feiertag in der Festschrift zum 40-jährigen Stiftungsfest der U.O.B.B. Zion-Loge XV. No. 360 Hannover, 1926, abgedruckt in: Hildegard Feidel-Mertz/Andreas Paetz: Das Jüdische Kinder- und Landschulheim Caputh (1931-1938). Ein verlorenes Paradies. Bad Heilbrunn 2009, S. 44.
  2. https://www.shbb-potsdam.de/wp-content/uploads/2015/03/haus_caputh_klein.jpg